Mordprozeß Dr. Jordan

Uraufführung: 27. Oktober 1949 im Walhalla- und Thaliakino in Wiesbaden

Rudolf Fernau (Dr. Alexander Jordan)
Theodor Danegger (Vater Jordan)
Maria Holst (Leonie Leborius)
Dorothea Wieck (Constanze Leborius)
Margarete Haagen (Mutter Leborius)
Axel Invers (Staatsanwalt Dr. Radtke)
Mila Kopp (Livia Mantuzza)
Theodor Loos
Kurt Waitzmann (Verteidiger Dr. Lehnhardt)
Martha Ziegler (Tante des Dr. Jordan)
Hubert von Meyerinck (Wedekind)
Berthold Ebbecke (Kriminalkommissar)
Rolf Weih (Kriminalassessor Werner)
Erwin Kleist (Kriminalkommissar Keilholz)
Hilde Willer (Frau von Rotter)
Sonia Korty (Frau Treffs)
Adalbert Gausche (Häftling Willi)
Willi Umminger (Droschkenkutscher Scheibele)
Viktor Hospach (Meyer)
Grete Wurm (Dienstmädchen Lina)
Mathilde Smolny-Heerdt (Frau Hübner)

Regie: Erich Engels

Produktion: Comedia

Ein rätselhafter Kriminalfall, der sich 1912 ereignete, erfährt 16 Jahre später seine Auflösung:

Ein Mann klebt sich einen falschen Bart an und fährt von Köln nach Wiesbaden. Dort ruft er Frau Leborius an und veranlaßt sie, spät abends auf die Post zu kommen. Sie holt ihre Tochter Leonie und begibt sich dorthin. Auf dem Weg wird sie erschossen.

Kurz darauf verhaftet die Polizei den Schwiegersohn Dr. Jordan, der mit Leonies Schwester Constanze verheiratet ist. Er hatte eine Beziehung mit Leonie.

Im Prozeß gibt er zu, mit falschem Bart in Wiesbaden gewesen zu sein. Er wollte mit Leonie fliehen. Den Mord streitet er aber ab. Ein Droschkenkutscher erkennt ihn nicht wieder. Dafür gibt es einen anonymen Brief, in dem ein Einbrecher den Mord bekennt und Einzelheiten nennt.

Trotzdem wird Dr. Jordan aufgrund der Indizien zum Tode verurteilt, dann aber zu lebenslanger Haft begnadigt. Seine Frau Constanze bringt sich um. Die gemeinsame Tochter kommt zu Pflegeeltern. Leonies Tante Livia verhindert den weiteren Kontakt zwischen Dr. Jordan und Leonie.

Nach 15 Jahren wird er begnadigt, doch er findet sich nicht mehr im Leben zurecht. Kurz nach seiner Freilassung stirbt sein Vater. Seine Tochter fühlt sich bei den Pflegeeltern wohl. Er veröffentlicht sensationelle Artikel über sein Leben, was seine Freilassung gefährdet. Er flieht nach Italien um Leonie zu sehen, doch diese ist dort verheiratet. Die Wahrheit kommt ans Licht, aber das Leben geht zu Ende.

siehe auch: Deutsches Filminstitut)

 

Grundlage dieses Falls ist ein echter Kriminalfall, der allerdings in Baden Baden vorfiel. Der Rechtsanwalt Carl Hau soll am 6. November 1906 in Baden-Baden seine Schwiegermutter erschossen haben. Er wurde 1907 in einem Indizienprozeß zum Tode verurteilt.
 
Die wohlhabende Medizinalratswitwe Josefine Molitor ging mit ihrer Tochter Olga in Richtung Kurpromenade, als aus dem Busch ein Schuß fiel, der die Mutter tötet. Die Tochter sah einen Mann in einem langen dunklen Mantel davonlaufen.

Der mit der zweiten Tochter Lina verheiratete Schwiegersohn Carl Hau hatte 1901 seine Schwiegermutter mit ihren Töchtern in Korsika kennen gelernt. Die Mutter erlaubte jedoch die Heirat mit Lina nicht, die beiden flohen in die Schweiz, wo Hau Lina bei einem Selbstmordversuch verletzte. Die Mutter willigte schließlich in die Heirat ein, unter der Bedingung daß die beiden Deutschland verlassen.

Sie gingen in die USA, wo Hau in besten Kreisen verkehrte. Er wurde Rechtsprofessor und reiste nach Frankreich, in die Schweiz und nach Konstantinopel, wo er ein ausschweifendes Leben führte. Er lebte verschwenderisch.

Nach dem Mord wurde er in London festgenommen. Zeugen sahen ihn mit falschem Bart und Perücke in der Nähe des Tatortes, und er soll seine Schwiegermutter unter einem Vorwand aufs Postamt gelockt haben.

Der Prozeß vor dem Großherzoglichen Badischen Schwurgericht in Karlsruhe erweckte das Interesse der Weltpresse. Hau war inzwischen amerikanischer Staatsbürger. Er schien ein idealer Täter: prahlerisch, verschwenderisch, seine heimliche Reise nach Baden Baden, Geldmangel - aber es gab keine Beweise. Sein Revolver war seit Jahren nicht mehr benutzt worden, und - es gab kein Motiv.

Trotzdem wurde er zu Tode verurteilt. Man sprach von Justizmord, der Staatsanwalt wurde kurze später suspendiert, die Strafe in Lebenslang umgewandelt. 1924, 17 Jahre später, wurde Carl Hau entlassen. Er schrieb das Buch "Das Todesurteil. Die Geschichte meines Prozesses." welches ihm 100 000 Mark einbrachte. Mit diesem Geld floh er nach Italien. Dort beginn er 1926 in den Ruinen der Hadrianvilla Selbstmord.

Quelle: Wiesbadener Tagblatt

 
Die Frage, ob man nur aufgrund von Indizien ein Todesurteil fällen darf, würde auch heute noch viele Diskussionen auslösen. 1949 - vier Jahre nach dem Ende des Naziregimes - war diese Frage noch viel mehr im Bewußtsein der Menschen.
 
Der Film wurde in Wiesbaden in den Studios Unter den Eichen gedreht, wo auch die Firma Comedia etabliert war. Außenaufnahmen wurden im Nerotal, der Parkstraße, dem Hauptbahnhof und der Altstadt gemacht. Wiesbadener Schauspieler traten in Nebenrollen auf. In den ersten drei Wochen gingen 50 000 Wiesbadener in diesen Kinofilm.

 

Als Quelle diente auch "Heinz Rühmann und seine Filme" von Gregor Ball und Eberhard Spiess, Citadel Filmbuch erschienen bei Goldmann Magnum 1982 und "Das große Heinz Rühmann Buch" erschienen bei Naumann & Göbel.

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