Es geschah am hellichten Tag

 

 

Uraufführung: 7. Aug. 1958 im Gloria-Palast (Berlin)

Roman/Drehbuch von Friedrich Dürenmatt

Heinz Rühmann (OLt Matthäi)

Michel Simon (Jacquier)
Maria Rosa Salgado (Frau Heller)
Anita von Ow (Annemarie)

Siegfried Lowitz (Lt. Henzi)
Heinrich Gretler (Kommandant)
Sigfried Steiner (Detektiv Feller)
René Magron (Polizist Weber)

Gerd Fröbe (Schrott)
Berta Drews (Frau Schrott)

Emil Hegetschweiler (Gemeindepräsident)
Hans Gaugler (Vater Moser)
Magrit Winter (Mutter Moser)
Anneliese Betchart (Lehrerin)

Edwald Balser (Prof. Manz)
Barbara Haller (Ursula)
Ettore Cella (Tankwart)

 

Regie: Ladislao Vajda
Produktion: CCC

Der alte Hausierer Jacquier stolpert im Wald über eine Kinderleiche. Er alarmiert den ihn persönlich bekannten OLt Matthäi, der ihn sofort isolieren läßt und vor dem Lynchmord der Bauern bewahrt. OLt Matthäi verspricht den Eltern der ermordeten Gritli Moser "bei seiner Seeligkeit", daß er den Mörder finden wird. Aber er sollte eigentlich abreisen, eine neue Aufgabe in Jordanien wartet auf ihn. Er begleitet seinen Nachfolger, Lt. Henzi, in die Schule, wo Gritli's Freundin ihnen erzählt, Gritli hätte einen Riesen gesehen, der dem Kind Igel geschenkt hätte. Gritli hat die Szene in einem Bild gemalt.

Lt. Henzi nimmt den Hausierer hart ins Verhör, bis er gesteht und sich in der Zelle erhängt. Aber als OLt. Matthäi im Flugzeug einen Mann sieht, der Schokoladetrüffel ißt, die wie Igel aussehen, ist er davon überzeugt, daß der wahre Mörder ein anderer ist. Er fliegt nicht nach Jordanien. Für die Polizei ist der Fall abgeschlossen, daher muß er den Dienst quittieren, um weitersuchen zu können.

Die Analyse des Falles und zwei weiterer ungeklärter Kindermorde zeigen, daß der Mörder immer dieselbe Straße zwischen Chur und Zürich benutzt. Mit Hilfe anderer Kinder identifiziert er auch auf der Zeichnung von Gritli ein Wesen als Steinbock - dem Symbol des Kantons Graubünden, daß sich auf den Autokennzeichen befindet. Und ein befreundeter Psychologie klärt ihn über ein mögliches Täterprofil auf: ein Frauenhasser, der selber keine Kinder hat.

Matthäi mietet sich eine Tankstelle an der Landstraße und nimmt sich eine Haushälterin mit Kind, um den Mörder anzuziehen. Alle verdächtigen Fahrzeuge werden überprüft, aber der Mörder schlüpft durch dieses Netz. Bis Matthäi zufällig entdeckt, daß die kleine Annemarie im Wald einem Zauberer begegnet ist, der ihr Igel geschenkt hat: die Falle wird aufgestellt, und der Mörder rechtzeitig gefangen.

 

Ein literarisch sehr hochstehender Film, der erste Kriminalfilm mit Heinz Rühmann und einer der ersten, in der er eine ernste Rolle spielt. Das Drehbuch stammt vom Autor, Friedrich Dürenmatt, der seinen Roman nach der Verfilmung noch stark veränderte. Die Ernsthaftigkeit wird durch das Drehen in Schwarz-Weiß unterstrichen.

Der Film ist sehr fein gezeichnet, wozu vor allem auch Michel Simon als Jacquier beiträgt: der Hausierer ist ein Welschschweizer, der sich an den Deutschschweizern reibt. Dazu die Bauern gegen den Außenseiter, der bäuerliche Gemeindepräsident gegen die städtischen Akademiker, die Kantonspolizei gegen den hochintelligenten Kriminalisten, die "ehrlichen" Dorfbewohner gegen die "unmoralische" Frau Heller. Etappenweise die Wandlung des Karrierepolizisten Matthäi: dem Nichtraucher und Karrierepolizist wird langsam bewußt, was er den Moser-Eltern versprochen hat und wie er dem Hausierer Jacquier nicht geholfen hat - er wird zum Raucher, der sein eigenes Leben gegenüber seiner Überzeugung von dem Richtigen hintanstellt.

Der Film ist - wohl dem bundesdeutschen Publikum zuliebe - in Hochdeutsch gesprochen, die "bundesdeutschen" Kriminalisten OLt. Matthäi und Lt. Henzi wirken vom Tonfall her deplaziert, während die Sprechweise von Michel Simon genau paßt: "Mattha-i" anstelle von "Matthä-i", "commissaire" anstelle von Kommissar, der Gegensatz zwischen Deutsch- und Welschschweizern kommt auch dadurch gut zum Ausdruck.

Der Roman selber endet weniger glücklich: der Mörder verunglückt tödlich kurz vor dem entscheidenden Rendez-Vous, Matthäi wird sein ganzes Leben auf ein neues Zusammentreffen warten, bis die Frau des Mörders auf ihrem Totenbett von dem Geständnis ihres Mannes berichten wird. Der Mensch Matthäi wird an diesem Fall zugrunde gehen, aber sein Versprechen wird er halten. (Link)

 

Das bemerkenswerte Zitat (in der Abschiedsrede von OLt. Matthäi vor seinem Abflug nach Jordanien):

Unsere Welt ist bald so perfekt, daß wir uns selbst nicht mehr nötig haben.

 

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